Einträge zum Stichwort "Wahlkampf"

Echte Nachrichten von gefälschten Politikern

13. Juli 2005

Jakob Maria Mierscheid, MdBMeldung von tagesschau.de:

Angeblicher Parteiaustritt
Schmutziges Spiel mit Mierscheid

Wahlkampf mit allen gemeinen Tricks – eine Falschmeldung aus Berlin lässt Schlimmes für die kommenden Wochen befürchten. Am Morgen verbreiteten die Nachrichtenagenturen Reuters und DDP eine Meldung, die die SPD im Mark erschütterte. “Abgeordneter Mierscheid verlässt die SPD” hieß es da. Aus Empörung über die Arbeitsmarktreform der Sozialdemokraten habe der gelernte Schneidermeister sein Parteibuch zurückgegeben.

News-Schock für Nachrichten-Hasen
Die Nachricht elektrisierte auch die Redaktion von tagesschau.de. Schließlich ist Jakob Maria Mierscheid nicht irgendwer. Notabene seit 25 Jahren sitzt Mierscheid für die SPD im Bundestag und wurde dort aber nie gesehen. Manchen gilt der 72-Jährige deshalb als Inbegriff des Hinterbänklers, andere halten ihn schlicht für ein Phantom.

Legendär aber waren und sind seine Presseerklärungen. Erst Ende Januar hatte er seiner Fraktion mitgeteilt, er wolle ihr “noch viele Jahre erhalten” bleiben. Mit Nikotinverzicht, Sport, fischreicher Ernährung und Beta-Blockern beabsichtige er, seine Lebenserwartung um 270 Prozent zu erhöhen.

Umso überraschender kam seine vermeintliche Ankündigung, er sei aus der SPD ausgetreten und strebe eine Kandidatur für das Linksbündnis an. Die besten Analytiker auch dieser Redaktion kamen zu einer Sondersitzung zusammen und tagten seither in Permanenz. Würde die SPD nun auseinander brechen? War dies der Todesstoß für Schröder und Müntefering? Und wie würden die Börsen, wie die fiebrigen Analysten reagieren?

Einmal Sozialdemokrat, immer Sozialdemokrat
Just als die Sender erwogen, ihr Programm für Sondersendungen zu unterbrechen, kam das Dementi. Er bleibe natürlich in der SPD, erklärte Mierscheid. Der Linkspartei müsse es “dreckig gehen, wenn sie meint, sich mit Falschmeldungen und dem Missbrauch meines guten Namens Aufmerksamkeit verschaffen zu müssen”, ließ der 72-Jährige via SPD-Fraktion erklären.

Nun rätselt “tout” Berlin, wer wirklich hinter dieser perfiden “Ente” steckt. Handelt es sich tatsächlich um einen abgeschmackten PR-Gag des Linksbündnis? Oder versuchten Konservative, einen Keil in die politische Linke insgesamt zu treiben? Oder war es ein verklausulierter Hilfeschrei der letzten Linken in der SPD? Die Jagd auf die Fälscher ist eröffnet. Jakob Maria Mierscheid wird uns auf dem Laufenden halten.

Das ganze Geheimnis: Jakob Maria Mierscheid ist ein fiktiver Politiker. Er taucht zwar mit einer Biographie auf der Internetseite des Bundestags auf, existiert jedoch nicht wirklich. Wer ihn erfunden hat, ist unbekannt. Es wird vermutet, dass sich SPD-Mitarbeiter seit Jahren einen Spaß daraus machen, Erklärungen unter seinem Namen herauszugeben.

Originalmeldung auf tagesschau.de: Schmutziges Spiel mit Mierscheid

Gefälschte Politikfans betreiben Wahlkampf in Schleswig-Holstein

22. Januar 2005

Grüne werben mit ausgedachten Personen

Was haben der Unternehmer Franz Janfeld, die Schülerin Lisa Seel und die Rechtsanwältin Gina Händler gemeinsam? Sie alle werben für die Grünen – und sind zugleich frei erfunden. Gegenüber der Tageszeitung “Die Welt” gaben die Grünen zu, dass sie die vermeintlichen Fans selbst ersonnen haben.

Insgesamt 15 Personen zitieren die Grünen in Schleswig-Holstein in ihrem offiziellen Wahlprogramm zur Landtagswahl, die Ende Februar stattfinden wird. Auf drei Seiten machen diese Menschen sich Gedanken über genveränderte Lebensmittel, Bildungspolitik und andere Themen, die die Menschen umtreiben. Die zitierten Personen, die die Grünen laut Broschüre “vorstellen” wollen, haben allesamt sogar einen Namen, ein Alter, manchmal ist sogar ein Wohnort angegeben.

Dass diese Menschen frei erfunden sind, steht indes nirgendwo. “Ja, die Personen sind fiktiv”, gab der Geschäftsführer der Grünen in Schleswig-Holstein, Dirk Langolf, gegenüber der Zeitung “Welt” zu. Sie hätten ihr Wahlprogramm “lebendiger gestalten” wollen, rechtfertigte er gegenüber dem Blatt diesen Wahlkampftrick seiner Partei. “Die Präambeln von Wahlprogrammen sind sonst so langweilig”, sagte Langolf. Noch reagierten die anderen Parteien nicht auf den aufgeflogenen Schwindel.

US-Präsident bettelt um seine Wiederwahl

1. September 2004

George W. BushFalscher Bush fleht: “Gebt mir eine zweite Chance”

Auf einer Wahlkampfwebseite bettelt der US-Präsident um seine Wiederwahl und redet Tacheles. Ob drei Millionen neue Arbeitslose oder die belogene Öffentlichkeit – alles kommt zur Sprache. Hinter der täuschend echten Seite steckt jedoch nicht Bush selbst, sondern eine New Yorker Künstlergruppe.

In dem Text “Eine zweite Chance” liest man Sätze von George W. Bush, wie man sie aus seinem Mund kaum kennt: “Ja, ich habe oft in meinem Leben von der Freundschaft zu anderen profitiert”, heißt es auf der Website GeorgeWBush.org. “Mit Hilfe meiner Freunde und der Freunde meines Vaters konnte ich die Texas Ranger übernehmen, meine erste Ölfirma kaufen und Gouverneur von Texas werden.”

Weiter schreibt der angebliche US-Präsident: “Mit Hilfe meines Bruders, meiner Freunde und der Freunde meines Vaters wurde ich Präsident der Vereinigten Staaten. Aber neben diesen hoch geschätzten Freundschaften wurde meine Karriere noch durch ein weiteres, weniger rühmliches Muster bestimmt: das Fehlen einer zweiten Chance.”

Dann werden sämtliche Pleiten und Misserfolge von Bush junior aufgelistet, immer mit dem Hinweis, dass er es kein einziges Mal noch einmal probieren durfte: Weder als seine Ölfirma kein Öl fand und seine Wahl in den Kongress scheiterte noch als er die Umweltschutzbestimmungen in Texas im Sinne der Ölbranche lockerte.

Auf den ersten Blick könnte GeorgeWBush.org tatsächlich die Seite des Präsidenten sein. Das Layout ist der offiziellen Seite GeorgeWBush.com sehr gut nachempfunden. Doch spätestens bei den Bannern am rechten Rand wird klar, dass das Ganze eine Parodie ist: “Bush Kills Arabs Dead” oder “Bush Sieg Heil” steht dort, dahinter weht die US-Flagge.

Betrieben wird die Bush-Fakeseite von einer Gruppe namens Chickenhead, die ihre Kreationen als “widerliches Sammelbecken von geschmacklosem und hoffnungslos-kindischem Müll” bezeichnet und sich selbst als “abscheuliche Clique von New Yorker Losern”.

Chickenhead wurde von dem New Yorker Aktionskünstler John Wooden gegründet und unterhält unter anderem auch die beißende Weiße-Haus-Satire Whitehouse.org. Dort sind obskure Rezepte von Bushs Gattin Laura versammelt (“Cowboy Kekse”, “Geräuchertes Freiheits-Huhn”), aber auch der Link zu einem New-York-Ratgeber für bibelfromme Christen.

Darin bekommen Christen hilfreiche Hinweise dafür. wie man in Big Apple während des Republikaner-Parteitags überlebt: “Der beste Rat, den wir Ihnen geben können, ist: Bleiben Sie in Ihrem Hotelzimmer. Vermeiden Sie es, an Orte zu gehen, wo sie nicht sein müssen. Und wenn Sie je draußen sein sollten, dann, Gott bewahre, schauen Sie niemandem direkt in die Augen.”

Das Flehen des angeblichen George W. Bush um Wiederwahl endet mit den Worten: “Bitte geben Sie mir eine zweite Amtszeit. Geben Sie mir eine zweite Chance – die einzige meines Lebens.”

Gefunden auf Spiegel-Online unter http://www.spiegel.de/netzwelt/netzkultur/0,1518,316136,00.html
Homepage der falschen Bush-Kampagne: http://www.georgewbush.org/
Homepage des echten Bush: http://www.georgewbush.com/